In der letzten Zeit kommt immer öfter die Verbreitung von verschiedenen Formen von Unwahrheiten, Halbwahrheiten vor. Ihr Autor ist oft darüber überzeugt, dass es sich um eine Wahrheit handelt, obwohl er sich jedoch auch dessen bewusst sein kann, dass es direkt eine Lüge ist, und zwar sogar eine zweckmäßig verbreitete. Es wird jedoch vergessen, dass bei schwerwiegenden Hassäußerungen auch die menschliche Würde und das Privatleben der Geschädigten durch die Mittel des Strafrechts geschützt werden müssen.

Im Rahmen des Verhandelns einer Verfassungsbeschwerde gegen den Eingriff eines Organs der öffentlichen Macht, die die geschädigte Person eingereicht hat, entschied das Verfassungsgericht so, dass man generell keine vulgären Drohungen tolerieren kann. Die Beschwerdeführerin hätte begründete Befürchtungen vor der Handlung eines Menschen haben können, der unberechenbar ist. Er war ständig durch die Beschwerdeführerin und ihre Aktivitäten bis besessen, er verwendete in seinen Nachrichten wiederholt die Symbolik von Galgen oder nationalen Tribunalen und kombinierte sie mit widerlichem pornographischem Inhalt, sprach über Hinrichtungen von Moslems und „Volksverrätern“, die mit ihnen zusammenarbeiten. Das Verfassungsgericht hat des Weiteren angeführt, dass die Behauptung, dass der Täter seine Drohungen nicht realisieren würde, zwar objektiv wahr sein kann, jedoch die Beschwerdeführerin, die das Ziel seiner Angriffe (Anmerkung: in diesem Fall E-Mail-Angriffe) war, nur schwer im Hinblick auf die Natur der gesendeten Nachrichten – ohne Weiteres zum Schluss kommen konnte, dass der Täter tatsächlich nur ein harmloser Provokateur ist, der nicht in der Lage ist, die Grenze der verbalen Angriffe gegen sie zu überschreiten. Auch wenn die Beschwerdeführerin nicht vermutet hätte, dass der Täter versuchen wird, ihr tatsächlich physisch weh zu tun, das Maß der Angst und die Störung des psychologischen Behagens, die sie infolge seiner Handlung durchleben musste, musste insoweit groß sein, dass sie den strafrechtlichen Schutz verdiente.

Dazu Befund des Verfassungsgerichts vom 22. 03. 2022, Aktenzeichen: III. ÚS 3006/21.